Ich war im Kino...

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MovieMan
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TRIANGLE OF SADNESS

#601 

Beitrag von MovieMan »

Das junge Model/Influencerpärchen Carl und Yaya streiten hin und wieder. Dennoch nehmen sie an einer Luxuskreuzfahrt teil, wo die Reichen und Schönen sich ein Stelldichein geben und protzen was das Zeug hält. Doch in diesem so perfekten Leben läuft auch nicht alles nach Plan. Das Captainsdinner gerät zur Farce und dann sind da auch noch die Piraten, die den Luxusliner überfallen. Die Reise endet unerwartet in einer Weise, wo sich die Machtverhältnisse plötzlich fast komplett ins Gegenteil verkehren. Das schöne und sorglose Leben bekommt heftige Risse.

Übersetzt heißt der Filmtitel: Sorgenfalte. Und ja, die Wohlhabenden dieser Gesellschaft haben es wirklich schwer und ein Jeder sollte doch Verständnis für die (Luxus) Probleme der Highsociety aufbringen können, denn Besitz verpflichtet und fordert.
Der Gewinner der Goldenen Palme in Cannes hält mit dieser bitterbösen Farce der Gesellschaft den Spiegel vor. Es wird auch gar nicht erst versucht, das Ganze subtil zu verkaufen. Die Drehbuchschreiber sowie der Regisseur gehen in die Vollen. Die geschaffenen Situationen und Dialoge strotzen vor Bosheit. Von der ersten bis zur letzten Minute ist der Film böse. Die Darstellung gipfelt dann auch in einem Exzess: dem Captainsdinner. Trotz ordentlichem Seegang muss er Champagner noch runtergeschlürft werden, völlig enthemmt wird die Genusssucht zur Schau gestellt, DAS GROßE FRESSEN lässt grüßen. Und die Kamera hält auch erbarmungslos drauf, eine Pause ist weder den Schauspielern noch den Zuschauern vergönnt. In dem von mir besuchten Kino konnte ich aufkeimende verbale Tumulte ob des Geschehens auf der Leinwand erleben. Präsentiert wird eine Gesellschaft nach stark hierarchischem Prinzip. Hoffnung gibt der Film in dem Augenblick als etwas Unerwartetes geschieht und die Grenzen dieses Prinzips gesprengt werden, doch auch diese Hoffnung hat ihren menschlichen Preis. Personen, die sich diesem Treiben entziehen wollen, wie der Kapitain des Luxuslkiners (lustig und toll wie immer: W. Harrelson), erfahren ein ganz besonderes Schicksal.

Die Schauspieler treten hier in den Hintergrund. Im Vordergrund tummeln sich die entsetzlich unsympathischen Charaktere sowie die beißende Gesellschaftskritik.
Mehr Bosheit geht kaum, ein Schlag in das Gesicht unserer Geltungsgesellschaft, faszinierend offen und ehrlich dargebracht.
Ein Tipp für Mutige, die einen stabilen Magen mitbringen.
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BLACK ADAM

#602 

Beitrag von MovieMan »

Ca. 4.500 Jahre vor unserer Zeit in dem Land namens Kahndaq herrscht ein grausamer König, welcher sein Volk versklavt hat, damit dieses nach einem wertvollen Element Eternium gräbt, nur um eine geheimnisvolle Krone daraus zu schmieden. Doch aus der Mitte des Volkes erhebt sich ein Befreier. Im Heute wird der Staat von Söldnern kontrolliert, die ebenso wie eine Wissenschaftlerin auf der Suche nach der Krone sind. Auf der Jagd nach dem Artefakt beschwört die Wissenschaftlerin Adrianna einen Zauber, der den "schlafenden" Teth-Adam (D. Johnson) erweckt. Dieser ist miesgelaunt, hat Superkräfte und weigert sich, ein Held zu sein. Um ihn in Zaum zu halten, wird die Justice Society of America, bestehend aus den Superhelden Hawkman, Doctor Fate (P. Brosnan), Cyclone und Atom Smasher, aktiviert. Alle machen sich auf den Weg nach Kahndaq, um auf Teth Adam aufzupassen und die Krone in Sicherheit zu wissen.

DC haut jetzt auch einen Film nach dem anderen raus und befindet sich auf den Spuren Marvels. Das muss nicht immer von Qualität sein. Hier haben wir einen Film, der wirr konzipiert ist und sich in immer neuen Ideen, die aber nur angerissen werden, verliert. Als Zuschauer muss man konzentriert bleiben, um zu folgen und die Logik erschließt sich auch nicht immer bzw. teils noch weniger als in anderen Filmen dieser Gattung. Völlig ungeniert wird auch noch bei anderen abgekupfert, so ist die Eingangssequenz, wo der "historische" Hintergrund des Treibens von Kahndaq erläuert wird, grafisch wie 300 gehalten, einschließlich der Slowmo-Szenen. Wenn es denn auch die Qualität von 300 hätte, wäre ja gut. Hat es aber nicht. Der Rest ist ein Avengers/Justice League-Gemisch mit Anleihen aus X-Men, verpackt in eine mäßige Story. "The Rock" muss hier einen bierernsten Charakter miemen, was ihm kaum gelingt, denn die Drehbuchschreiber drängen ihm Anflüge von Humor auf. Das passt nicht so ganz zum Inhalt und der Humor ist eher peinlich und zündet nicht. Das wurde beim jüngsten THOR ganz anders gelöst. Da hat man sich bewusst für einen starken komödiantischen Einschlag entschieden. Die menschliche Entwicklung in BLACK ADAM nimmt man der Figur nicht so richtig ab.

Ansonsten gibt es viel Action und auch ein passendes CGI-Gewitter. Trotz Einsatzes zahlreicher SFX-Schmieden sind die visuellen Effekte deutlich hinter den heutigen Möglichkeiten. Einige Szenen wirken wie aus einer Zwischensequenz eines Videospiels. Da war wohl das Budget alle.
Letztendlich herrscht auf allen Ebenen Mittelmäßigkeit und es wird viel Potential verschenkt. Das ist schade, da ich das DC-Universum für ebenso stark halte wie das Marvel-Universum. Wenn sich DC genauso etablieren möchte, muss eine Schippe draufgelegt werden.

Die beste und vielleicht verheißungsvollste Szene wird in der Middle-Credit Scene dargeboten. Da wird in ein paar Sekunden gezeigt, wie ein Figur eine unglaubliche Präsenz auf die Leinwand zaubern kann. Das war dann auch die beste Szene des ganzen Films, also sitzenbleiben und nicht gleich rausrennen.

Leider ein sehr holperiger, ja eigentlich verpatzter Start von D. Johnson in das Superheldengenre. Schade, schade, schade.
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DER NACHNAME

#603 

Beitrag von MovieMan »

Sequel zum Film DER VORNAME. Die Protagonisten sind bei Dorothea, Mutter von Elisabeth und Thomas, nach Lanzarote eingeladen. Dort soll dem ganzen Tross eine Neuigkeit offenbart werden. Leider schleppen die Familienparteien nicht nur ihr Urlaubsgepäck mit, sondern auch ihre Probleme. Es dauert dann auch nicht mehr lange, bis Streit aufkeimt und alte Fehden wieder zur Tagespolitik gemacht werden. Ein Wort gibt das andere und ab geht´s - jeder gegen jeden.

Die Schaupieler des o.g. ersten Teils (C.M. Herbst, F.D. Fitz, C. Peters, J. von Dohnanyi und J. Uhse) sind komplett wieder mit von der Partie, ergänzt durch I. Berben als "Über"Mutter Dorothea. Diese Truppe ist genauso schlagkräftig wie in DER VORNAME und wird durch den Charakter der Mutter, die so ganz ihre eigenen Ansichten hat, wunderbar ergänzt. Das Ensemble harmoniert einzigartig und lässt an der Spielfreude zu keiner Zeit Zweifel aufkommen.

Die Dialoge sind wieder sehr gut ausgearbeitet, dennoch fehlt im Gegensatz zum ersten Teil der letzte Tropfen Bissigkeit. Es ist auch nicht mehr ganz so pointiert, doch immer noch auf hohem Niveau.
Wer Spaß an Komödien mit bissigem Witz (wie auch DER GOTT DES GEMETZELS) und wem der Vorgängerfilm gut gefallen hat, kann bedenkenlos zugreifen.
Und wer Familientreffen nicht mag und noch eine "Anleitung" benötigt, wie man sich diesen Treffen in Zukunft entziehen bzw. das nächste zum letzten Treffen machen kann, der liegt hier goldrichtig.
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THE SOCIAL EXPERIMENT

#604 

Beitrag von MovieMan »

Der jugendliche Adrian nimmt mit seinen besten Freunden an einem Escape-Room Game teil, so denken sie zumindest. Gelandet sind sie allerdings in einem Experiment, in dem einer KI der Spielablauf überlassen wird. Mit dem Experiment soll bewiesen werden, dass sich jede sozial feste Gruppe "sprengen" lässt und sich das soziale Wirken untereinander mit einem Algorithmus aufheben lässt. Die Hinterleute in der Steuerzentrale lassen ihre programmierte KI nun auf die Gruppe um Adrian los. Diese kommt zunehmend in reale Gefahr.

Deutsche Variante von ESCAPE ROOM, erweitert um Kritik an künstlicher Intelligenz im social Media Bereich.
Leider wird dieses vielversprechende Szenario durch das schlechteste Drehbuch seit langer Zeit zugrunde gerichtet. Die Interaktion der Einzelnen innerhalb der Gruppe ist teilweise unlogisch und nicht nachvollziehbar, ebenso bei den Verantwortlichen im Steuerungsraum des Games. Eben noch verhält sich eine Figur in bestimmter (noch nachvollziehbarer) Weise um Sekunden später ohne glaubwürdige Erklärung in das Gegenteil zu verfallen. Dadurch sind die Figuren nicht glaubhaft und die Schauspieler können der Figur keine wirkliche Tiefe verleihen.
Die Schauspieler können auch nicht wirklich schauspielern. Ich weiß nicht, ob man die Personen von der Straße gecastet hat oder es blutigste Anfänger sind.
Alles wirkt so, als wolle jeder mit Macht und merkbar demonstrieren, dass er/sie schaupielern kann - also genau das Gegenteil von gutem Schauspiel.
Overacting und das Ausplappern auswendig gelernten Dialogs ist noch kein Schauspiel. Das Ganze hat eine Wirkung wie eine amateurhafte Schulaufführung von Neuntklässlern.

Technisch ist hier mal etwas für deutsche Verhältnisse Neues zum Einsatz gekommen. Statt Green-Screen bedient man sich einem LED-Screen, der schon in der Aufnahme das spätere Bild darstellt. Diese Technik wird beispielsweise auch in den neuen Serienformaten von STAR WARS wie z.B. THE MANDALORIAN, etc. eingesetzt, doch bei Disney hat man wohl viel mehr Rechenpower.
In diesem Film hebt sich der künstlich geschaffene Hintergrund sehr deutlich von der realen Szene ab, teils deutlich störend. Das erinnerte mich an die Filme der 50er Jahre, als mit riesen Matte-Paintings für die Hintergründe agiert wurde. Das sah ähnlich künstlich aus.

Nein, dieses Experiment ist fehlgeschlagen, was angesichts des vielsagenden Plots sehr schade ist.
Mäßig spannender Thriller mit überdeutlichen Schwächen im Dialog und der Technik sowie ganz schwachen Schauspielern.
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SEE HOW THEY RUN

#605 

Beitrag von MovieMan »

Mitte der 50er wird im Londoner Westend Agatha Christies Krimistück DIE MAUSEFALLE im Theater aufgeführt. Hinter den Theaterkulissen laufen bereits die Vorbereitungen zur Verfilmung des Stückes. Anwesend sind u.a. sowohl Filmregisseur (A. Brody) samt Drehbuchautor und Produzent. Dummerweise wird die Fortführung des Bühnenstücks durch einen tatsächlichen Mord unterbrochen. Inspektor Stoppard (S. Rockwell) wird zusammen mit der neuen und gewissenhaften Constable Stalker (S. Ronan) beauftragt, den Mörder sowie die Hintergründe der Tat ausfindig zu machen. Und so stolpert das ungleiche Ermittlerduo durch den Fall auf der Suche nach der Lösung.

Konzipiert ist diese Krimikomödie als Krimi mit zusätzlichem Krimi (dem Bühnenstück) als Hintergrund. Und was sich die Autoren da haben einfallen lassen, ist allererste Sahne. Immer wieder greift die reale Handlung Sachverhalte aus dem real existierenden (sehr erfolgreichen) Bühnenstücks auf. Die Charaktere sind klischeehaft besetzt und doch allerliebst. Jeder Figur kann man sofort bestimmte Charakterzüge zuordnen. Und wie bei Agatha Christies Geschichten ähneln sich die Charakterzüge der Ermittler ihren Bühnenfiguren.
Das Ensemble legt eine Spielfreude an den Tag, dass man wirklich den Wortteil "Freude" betonen muss. Aus dem gutbesetzten Cast stechen A. Brody als eingebildeter Regisseur, S. Rockwell als Inspektor, der teils an eine versoffene Version eines COLUMBO erinnert sowie S. Ronan als überkorrekte Constable deutlich in positiver Weise hervor.
Als Gag hat man sich auch noch entschlossen, die Figur des Regisseurs dazu zu nutzen, das Treiben immer wieder als Voice-Over zu kommentieren, was der ganzen Angelegenheit noch einen besonderen Touch verleiht.
Die Dialoge sind ausgefeilt und höchst pointiert, sodass dem Zuschauer gerade in den komödiantischen Momenten des Films höchstes Vergügen bereitet wird.

Genutzt hat man den Lockdown, sodass man an Originlaplätzen drehen konnte. Neben den tollen Kostümen und Frisuren sowie der weiteren Ausstattung fühlt man sich tatsächlich in das London der 50er zurückversetzt.

Mit diesem Film trifft man den momentanen Zeitgeit der wiederaufkeimenden "Whodunit"-Krimis, wie zuletzt auch in KNIVES OUT, von dem übrigens bald ein nächster Teil ansteht.

Viel besser kann man eine Krimikomödie nicht präsentieren und wenn man dann noch eine so ausgefeilte Konstruktion schafft wie hier, dann ist das allemal einen Gang ins Kino wert. Unbedingte Empfehlung an alle Krimifans.
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RHEINGOLD

#606 

Beitrag von MovieMan »

Giwar Hajabi, später aka XATAR, ist kurdischer Flüchtling und Sohn eines angesehenen Musikkomponisten. Zu früher Kindheit Giwars musste die ganze Familie aus politisch/religiösen Gründen über ein Gfängnis im Irak flüchten und ist über Umwege dann in Deutschland gelandet. Dort muss sich Giwar ganz von unten nach oben kämpfen. Dabei verliert er sich in einem Leben voller Gewalt und Drogen sowie einem Goldraub, bis er wieder in einem irakischen Gefängnis landet und später an Deutschland ausgeliefert wird. In der Musik (Gangsta-Rap) entdeckt er seine Bestimmung.

Biografischer Film eines Gangsta-Rappers, der vom Starregisseur Fatih Akin eindrucksvoll in Szene gesetzt wurde.
Ich war mir sehr uneins, ob ich mir den Film überhaupt ansehe, habe mich aufgrund mit des Arbeit betrauten Regisseurs dann doch dazu entschlossen und muss sagen, dass ich ganz andere Erwartungen an den Film hatte. Ich hatte erwartet, dass die musikalische Geschichte von Xatar den höchsten Anteil des weit über zwei Stunden andauernden Films ausmacht. Davor hatte ich etwas Bammel, weil ich mit dieser Musik doch sehr wenig anfangen kann und in diesem Genre auch so gar nicht bewandert bin. So ist der Film aber nicht.

Es wird tatsächlich die Geschichte von Xatar über seine Flucht, seine kriminelle Vergangenheit sowie seine "Läuterung" erzählt. Die Musik ist zwar allgegenwärtig, steht aber nicht absolut im Mittelpunkt. Die Erzählweise der Geschichte hat auf mich auffallend emotionslos, ja fast schon dokumentarisch, gewirkt. In der Handlung kommt viel Gewalt vor. Diese wird aber nicht rechtfertigend oder glorifizierend dargestellt. Vielmehr wird gezeigt, dass diese Art von Leben Konsequenzen haben kann und muss. Dennoch verbleibt ein übler (da realistischer) Nachgeschmack, denn diese Art der Gewalt in unserer Gesellschaft ist weiterhin allgegenwärtig und lässt sich weder schönreden noch wegdiskutieren, auch wenn sich Einzelne aus dieser Situation "befreien" können
F. Akin richtet nicht, er zeigt auf und nimmt die Position eines Beobachters ein. Die Wirkung und Wertung überlässt er dem Publikum. Hätte er Partei ergriffen oder die Taten Xatars rechtfertigen wollen, wäre der Film mehr als kontrovers und man könne Gewaltverherrlichung unterstellen. So aber bleibt es "nur" ein Biopic.

Doch recht spannendes und ausgewogen verfilmtes Biopic über eine interessante Figur vor dem Hintergrund der Gangsta-Rap Szene.
Das kann man sich sehr gut ansehen, auch wenn man nicht Fan dieser Musikrichtung ist.
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BODIES BODIES BODIES

#607 

Beitrag von MovieMan »

Sieben Freunde treffen sich in einer Millionärsvilla zum Feiern. Neben Saufen und Koksen spielt man zum Zeitvertreib noch ein Mörderspiel, welches den Namen des Films bildet. Jeder zieht verdeckt einen Zettel, die Person, die den Zettel mit "X" gezogen hat , ist Mörder, das Licht wird ausgemacht und der Mörder muss eine andere Person "anticken", die dann "gestorben" ist. Nach Auffinden der "Leiche" wird das LIcht wieder angemacht und das heitere Raten beginnt. Gesagt, gespielt und die erste echte Leiche lässt nicht lange auf sich warten. Jeder verdächtigt Jeden und als sich die Leichen häufen, macht sich nackte Panik breit. Das Haus kann aufgrund eines draußen tobenden Hurricans nicht verlassen werden und wie immer funktioniert der Strom sowie das Handynetz nicht. Pech für die noch Lebenden.

Getreu dem Prinzip "10 kleine Opferlein" rafft es hier den Einen oder die Andere dahin. Zwischendurch ergehen sich die Protagonisten in ihrem Gehabe und aller Kram, der einem schon so lange auf der Seele lastete, wird der anderen (verhassten) Person ins Gesicht geblasen, ohne Rücksicht auf Verluste (ja, fast wortwörtlich). Aufgezeigt wird das Abbild einer verwöhnten jungen Generation und deren Unfähigkeit zum gesunden Diskurs. Das eigene Problem ist immer das Wichtigste und die Anderen sind sowieso selbst Schuld an ihrem Schicksal. Hauptsache, aus der zur eigen gewordenen Ich-Bezogenzeit kann maximalster Profit geschlagen werden.
Hier wird neben der Krimihandlung das Gesellschaftsbild der Generation Z brachial an den Pranger gestellt. Ich denke, es gibt sogar einige Zuschauer, die finden das sogar noch normal und nachvollziehbar. Selbstverständlich ist das Gezeigte überzogen und stark auf die us-amerikanische Gesellschaft abgestellt, doch Anleihen lassen sich (leider) auch bei uns in Deutschland bereits beobachten.

Das Ganze ist in einen mittel-spannenden Rahmen gepackt worden und die Auflösung wird nicht Jedem gefallen, ich selbst fand diese sogar schon fast lustig.

Schauspielerisch wird auf unterem Mittelklasseniveau agiert, mit viel Geschrei und Gezeter. Aber was will man von versoffenen und zugekoksten Personen auch schon erwarten?
Letztlich eine SEE HOW THEY RUN Umsetzung für die Generation Z.
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AMSTERDAM

#608 

Beitrag von MovieMan »

Die Soldaten Burt (C. Bale) und Harold (J.D. Washington) schmieden gemeinsam mit der Lazarettschwester Valerie (M. Robbie) zur Zeit des ersten Weltkrieges einen Pakt, fortan gemeinsam durch das Leben zu gehen. Burt versucht sich nach dem Krieg als Arzt, insbesondere den Veteranen und deren körperliche Wiederherstellung zu widmen. Als ein Vertrauter aus Kriegstagen stirbt, erforschen zunächst Burt und Harold den Hintergrund des Todes, wobei sie kurze Zeit später selbst zu Verdächtigen werden. Die Hintergründe der aufzudeckenden Machenschafften und Hintermänner führen immer zu neuen Spuren, die verfolgt werden müssen, wobei auch so manche Sackgasse durchschritten werden muss, bis am Ende Alles offengelegt ist. Die Drei haben zunächst zumindest die Dimension der wirklichen Umstände erheblich unterschätzt, sodass sie sich immer selbts erneut in eigene Gefahr bringen.

Hollywoodstargespickter Streifen, der sehr locker auf realen Ereignissen in den USA Anfang/Mitte der 30er Jahre basiert. Was zunächst als teilweise humorige Mördersuche krimimäßig beginnt, entwickelt Dimensionen, die es in sich haben. Das Traurige dabei ist, dass man große Teile der Handlung sowie der aufgezeigten Beweggründe durchaus auf die heutige Situation der USA und manch anderen Staat übertragen kann.

Mir hat der Film sehr gut gefallen und ich fühlte mich gut unterhalten. Die häufigen negativen Kritiken kann ich in deren Gänze und Ausmaß nicht teilen.
Der Inhalt war immer wieder spannend und mit dem eingearbeiteten Humor befand ich mich größtenteils auf einer Wellenlänge. Außerdem ist es ein Hollywoodfilm, an dem ich nicht die Kriterien einer ernsthaften Geschichtsdoku anlegen kann und will.

C. Bale sticht neben M. Robbie so dermaßen aus dem Cast hervor, dass es ein/e R. Malek, M. Myers, A. Tayler-Joy und sogar ein R. De Niro schwer haben, wahrgenommen zu werden. Bale präsentiert sich abermals als Vollblutschauspieler und Robbie steht ihm fast in nichts nach. Dabei muss man gestehen, dass Bale auch den Hauptteil der Leinwandpräsenz abbekommen hat. Gefallen hat mir De Niro, der zwar nur eine Nebenrolle spielt, aber den Schluss des Films mit dem Wirken seiner Figur maßgeblich beeinträchtigt. Man kann angesichts seiner letzten meist "komödiantischen" Rollen vergessen haben, welch begnadeter Schauspieler er ist. In manchen Szenen reichte mir eine Blick, um seine Gedanken zu erraten, Worte hätte es meist gar nicht bedurft. Ich denke, ihm war seine Rolle als politisch engagierter Schauspieler hier ganz recht.

Außerdem muss ich die Aussattung erwähnen, die Bauten, das Umfeld, etc. lässt den Zuschauer wirklich in die Vergangenheit zurückreisen. Dazu die Frisuren sowie Kostüme, alles im Rahmen einer Großproduktion. Auch die Maskenbildner durften sich austoben. Durch die Kriegsthematik wurden Wunden, etc. hervorragend dargestellt und ausgearbeitet.
Der ins gelblich tendierende Farbfilter, mit dem der Film bearbeitet wurde, ist sicherlich Geschmackssache, ist aber dem Look eines Films, der in der Vergangenheit spielt, dennoch angemessen, wenn auch meines Erachtens in der Ausprägung hier und da etwas zu stark.

Für mich gelungene Unterhaltung mit einem tollen Cast, kein absolutes Meisterwerk, aber auch bei Weitem nicht so schlecht, wie der Film in vielen Kritiken gemacht wird.
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THE DEVIL´S LIGHT

#609 

Beitrag von MovieMan »

Die junge Ordensschwester Ann wird durch traumatische Ereignisse ihrer Kindheit schwer geplagt und hat es sich zur Aufgabe gemacht, sich um vom Teufel Besessene liebevoll zu kümmern. Als Frau darf sie an den Exorzismus-Riten nicht teilhaben, gewinnt aber einen Führsprecher aus den Reihen der Priester, der ihr eine Teilnahme "light" in den Schulungen der angehenden Exorzisten ermöglicht. Im Kampf gegen den Teufel versucht sie auch ihre eigenen Dämonen loszuwerden und überschreitet ein ums andere Mal die ihr gegebenen Kompetenzen. Dadurch begibt sie sich wiederholt in Gefahr.

DER EXORZIST aus den 70ern gilt als Mutterfilm aller späteren Streifen, die sich diesem Thema widmen. Seinerzeit verfügte der Film über beeindruckende Masken und Bodyeffekte, die dem Film einen Großteil des (berechtigten) Ruhms verliehen.
Diese Effekte werden hier auf das gegenwärtige Maß gebracht, die Masken sowie die Bodyeffekte sind sauber uns zielsicher herausgearbeitet und verfehlen die Wirkung nicht. Das ist Masken- und Tricktechnik auf wirlich sehr hohem Niveau und macht einen besonderen Reiz des Films aus.
Inhaltlich ist der Film eigentlich nur Horror der Sorte 08/15, wie er schon so oft präsentiert wird. Die erwähnten Effekte sowie der für solche Produktionen leicht überdurchschnittliche Cast, machen den Film dann auch zu einem leicht überdurchschnittlichen Vergnügen. Während viele Produktionen vom Niveau her nur als durchschnittliche TV-Produktion durchgehen können, ist dieser Film doch mehr für die Leinwand, wobei mir SMILE neulich noch ein wenig besser gefallen hat, wie immer Geschmackssache.
Wohltuend hält man sich mit Jumpscares einigermaßen zurück und versucht, den Grusel durch die Geschichte wirken zu lassen. Das gelingt leider nicht in dem Maße wie bei DER EXORZIST.
Hätte man den Charakteren noch mehr Tiefe verliehen, wäre das Ergebnis noch positiver zu beurteilen. Diese fehlende Tiefe ist vielleicht der größte Schwachpunkt des Films.
Gruselig ist er allemal, doch von einem absoluten Horrorschocker, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt, weit entfernt.

Dennoch, wer mit religiös angehauchten Gruselern etwas anfangen kann, sollte hier mal eine kleine Gänsehaut riskieren. Es lohnt schon aufgrund der tollen Effekte.
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BLACK PANTHER: WAKANDA FOREVER

#610 

Beitrag von MovieMan »

Wie führt man einen Film in einem 2. Teil weiter, dessen Hauptdarsteller verstorben ist?
Nach dem Tod von Hautdarsteller Chadwick Boseman, dessen Figur und schauspielerische Leistung den Film BLACK PANTHER maßgeblich geprägt hat, hatte Marvel ein riesiges Problem. Wie kann man Boseman ersetzen bzw. die Geschichte des BLACK PANTHERs weiterführen? Glücklicherweise hat man erst gar nicht versucht, einen neuen Darsteller für die Figur zu installieren. Das Ergebnis könnte nämlich derart gruselig rüberkommen und den ganzen Film platzen lassen, fast so geschehen bei PHANTASTISCHE TIERWESEN 3 durch den Wechsel von Johnny Depp hin zu Mads Mikkelsen. Um Derartiges zu vermeiden, hat man den Tod von Boseman gleich mit in die Geschichte eingebaut.

Das Königreich Wakanda betrauert den Verlust ihres Königs. In diese Trauerphase wird Wakanda von den führenden Weltmächten bedrängt, die auf den Abbau eines seltenen Elementes – Vibranium – hoffen, um sich damit einen (vor allem militärischen) Vorteil zu verschaffen. Die neue Königin Wakandas hält dagegen…bis ein neuer Feind am Horizont auftaucht und den Wakandianern nicht die Vormachtstellung überlassen sowie gegen das Landvolk in den Krieg ziehen will. Und dieser Feind ist mindestens kräftemäßig ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen. Das führt zur heftigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Völkern.

Während man zu großen Teilen den Film als Aufarbeitung des Todes von König T´Challa (C. Boseman) konzipiert hat, wird die Geschichte Wakandas weitergesponnen. Die Figur des BLACK PANTHER rückt dabei zunächst in den Hintergrund. Man konzentriert sich auf die Fehde von zwei Völkern, sodass die althergebrachte Staatengemeinschaft der Erde auch nur eine Nebenrolle spielt. Geschickt hat man visuell und erzählerisch Referenzen und Widmungen an C. Boseman in den Film eingebaut. Andererseits hemmt das aber die Story, da die Handlung um die Trauerverarbeitung doch gehörig Raum einnimmt. So nimmt man weniger einen typischen Marvelfilm wahr als eine Abschiedsvorstellung und Referenz an den einstigen Darsteller. Ähnlich war es beim letzten JAMES BOND, der auch „nur“ ein Abschiedsfilm für D. Craig war. So richtig Marvelstimmung kommt da nicht auf.
Ich denke, diese Konzeption wird zu heftigen Diskussionen im Publikum führen.

Auch handwerklich fand ich den Film teilweise nicht gelungen. So wirkt die Nebenstory zur Figur des Everett K. Ross (M. Freeman) im wahrsten Sinne des Wortes nebensächlich bzw. eigentlich überflüssig. Sargträgerinnen können in entspannter Körperhaltung den schweren Sarg des verstorbenen Königs tragen (wenn ich mal bedenke, wie die Sargträger bei der Queen wuchten mussten) und eine Person kann sich einen Speer aus dem Leib ziehen, ohne dass dieser überhaupt eine Spur von Blut aufweist. Das fällt eben einfach auf und ist unglaubwürdig und ärgerlich, da vermeidbar.

Technisch ist der Film nur fast auf Höhe der Zeit. Die zahlreichen Firmen der visuellen Effekte (bei 20 habe ich aufgehört mitzuzählen) setzen die Optik gut um, der 3D-Effekt war gut, aber nicht überragend. Die Bildschärfe war gerade bei den Nahaufnahmen sehr hoch, zumindest in der Bildmitte. Manch Hintergrund sah etwas künstlich aus, aber nur wenn man sehr darauf achtet. Ansonsten sieht der Zuschauer sehr viele Details und afrikatypisch bunte Farben. Typisch Marvel hapert es etwas an der Tondynamik und Räumlichkeit.

Auffällig war der Score, der von Ludwig Göransson (u.a. THE MANDALORIAN) verantwortet wird. Eine Wucht wie bei John Williams mit der Experimentierfreudigkeit eines Hans Zimmer bei Einarbeitung afrikanischer Klänge, gewöhnungsbedürftig und doch schön. Schon dafür lohnt das Sitzenbleiben im Abspann.

Dieser Teil enthält überraschend wenig BLACK PANTHER selbst, eher ein Film über die Figur bzw. das Betrauern eines Verlustes, in der Wirkung anders als Marvelfilme überhaupt und speziell als der erste Teil.
Mir hat C. Boseman mit seiner Darstellung des Hauptcharakters doch sehr gefehlt.
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MRS. HARRIS UND EIN KLEID VON DIOR

#611 

Beitrag von MovieMan »

Die Witwe Mrs. Harris verdient im London der 50er Jahre ihren spärlichen Unterhalt als Putzfrau. Bei einer Kundin verliebt sie sich unsterblich in ein Kleid von Dior und ist fortan davon beseelt, sich selbst so ein Kleid zuzulegen, egal was es kostet. Unentwegt hält sie an diesem Traum fest und richtet ihr Leben danach aus. Eine glückliche Fügung ermöglicht ihr, den Weg zu Dior nach Paris anzutreten, um ein solches Kleid zu erwerben. Mit ihrer erfrischenden und direkten liebenswerten Art sowie mit ihrem Auftreten bei den "Oberen" passt sie so gar nicht in die Welt des Luxuslabels. Und doch kann sie ein paar Personen mit ihrer Beharrlichkeit für sich gewinnen und ihren Traum weiter verfolgen.

Fast märchenhafte Story mit Aschenputteltouch, ganz bezaubernd von der Hauptdarstellerin (L. Manville) verkörpert. Als Gegenpart hat man ihr I. Huppert zur Seite gestellt, die die snobistische und grantelige Vorzimmerdame im Hause Dior verkörpert. Größer könnte der Unterschied im Auftritt und Wirken nicht sein. Aus aber eben dieser Tatsache zieht der Film seinen Charme und seine Wirkung. Die Identifikation mit den Wünschen der Protagonistin gelingt leicht, da jeder von uns bestimmte Wünsche hegt, die ggf. nicht gerade in unmittelbarer Reichweite der Erfüllung liegen.
Die Kostüme sind selbstredend eine Wucht und auch der Look des London und Paris der 50er wird stilecht vermittelt.
Zudem wird noch etwas Geschichte über das Haus Dior eingebaut, die aber etwas ungenau und dem Film dramaturgisch angepasst ist.

Als Zuschauer sollte man sich einfach fallenlassen und in dieses Märchen hineinträumen. Zur Belohnung winkt Wohlfühlkino zur kalten Jahreszeit und ein Traum von einem besseren Leben auch unter nicht so prickelnden Umständen, kurz: Die tatsächlich vorhandene Möglichkeit, sich seinen Traum zu erfüllen, wenn man denn nur fest daran glaubt.
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EINFACH MAL WAS SCHÖNES

#612 

Beitrag von MovieMan »

Karlas (K. Herfurth) kinderloses Leben ist chaotisch. Bei ihr tickt die biologische Uhr, mit einem passenden Mann will es nicht klappen. Trotzdem der Rest ihrer Familie, in Person ihrer überarbeiteten Schwester (N. Tschirner), ihrer aufgeregten lesbischen jüngeren Schwester (M. Tscharntke) sowie ihre geschiedenen Eltern (U. Kriener - als alkohlkranke Mutter und H. Knaup als neuverheirateter Vater) alle Warnsignale aussenden, dass ein Leben mit Kindern nicht unbedingt leichter wird und sich einfach nur alte Probleme mit neuen ablösen, beschließt sie, sich der Samenbank zu bedienen, um an ein Kind zu kommen. Dummerweise tritt in genau dieser Phase der junge Ole in Leben und macht Alles noch komplizierter. Wie gut, dass man eine beste Freundin hat, die um gute Ratschläge nicht verlegen ist. Doch auch diese verzweifelt zunehmend an Karlas Stimmungsschwankungen. Mit "einem" Wort: Perfektes Chaos!

Die 2. Regiearbeit von K. Herfuhrt nach WUNDERSCHÖN thematisiert den sozialen Druck der Frauen in ihren Rollen als Mutter, Freundin, Ehefrau und Berufstätige. Dargebracht wird es zu großen Teilen als Komödie. Das würde angesichts der ja im Grundton doch ernsten Thematik auch kaum anders verträglich sein.
Auffällig ist, dass sich der Gesamtcast der Geschichte unterordnet. Kaum eine Figur sticht heraus, außer U. Kriener, die als Mutter geradezu ein Feuerwerk auf der Leinwand abbrennt, sich dennoch aber auch damit nahtlos in die Geschichte einfügt. Selbst eine N. Tschirner, die streckenweise gern mal durch ihre extrovertierte Art, den Alleinunterhaltungspart übernimmt, hält sich zu Gunster der anderen Darsteller angenehm zurück. Erreicht wird dieses Kunststück durch ein sehr ausgewogenes Drehbuch, welches jedem Charakter seine Freiheiten einräumt und den Charakter doch so fest am Zügel hält, dass er nicht aus dem Rahmen fällt. Wenn dazu die Regie stimmig ist, hat man eine höchst unterhaltsame Geschichte trotz kritischen Untertons.
Ja, die Figuren sind vielleicht sehr stilisiert (super auch M. Tscharntke als ständig heulende und hyperventilierende Schwester), wissen aber zu wirken und zu überzeugen.

K. Herfuhrt schickt sich an, sich neben ihrer Schauspielerei als ernstzunehmende Regisseurin zu etablieren, mit Filmen, die Spaß machen.
Sie könnte mit ihrer filmerischen Art, dem Quoten- und Zotenkönig Til Schweiger den Rang ablaufen, wenn sie das Gefühl für intelligente Geschichten und ausgewogene Regie nicht verliert und sich nicht von Zuschauerzahlen beeindrucken lässt.
Auf den (hoffentlich) nächsten Film von/mit ihr freue ich mich schon. Auch wenn die Männer manchmal vielleicht etwas weniger zu lachen haben. Da stehen wir doch drüber, oder?
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THE MENU

#613 

Beitrag von MovieMan »

12 Personen (das Paar Margot und Tyler, Stammgäste, Filmstar, Geschäftspartner) machen sich auf den Weg auf die kleine Insel Hawthorne, um sich nach Zahlung eines aberwitzigen Preises, in einem extraordinären Restaturant verköstigen zu lassen - Essen als Gesamterlebnis, als Event. Geleitet wird das Amusement vom sehr speziellen Küchenchef Slowik (R. Fiennes), der so seine ganz eigene Art hat, mit Personal und Gästen Umgang zu pflegen. Jeder Gang des Menues wird mit einer persönlichen Geschichte eingeleitet, die irgendwann weit über Essen und Genuss hinausgeht. Die teils völlig verzückte Gesellschaft ahnt nicht, welch perfiedes Spiel der Starkoch treibt und welche Rolle sie im Laufe des Abends und Mahls noch einnehmen werden. Margot beginnt, die Situation zu hinterfragen und das sorgt für Unruhe im geordneten Ablauf des Starkoches.

Thriller mit Horrorelementen, bei dem kontinuierlich die Spannungszwinge angedreht wird. Die Zuschauer werden durch geschickt eingebaute neue Ereignisse immer wieder auf andere Fährten gebracht. Gerade wenn man sich einigermaßen wieder auf den Handlungsbogen eingestellt hat, wird eine neue Stufe der Unberechenbarkeit gezündet. So mancher Schockmoment muss verdaut werden und auch ganz unblutig geht es nicht zur Sache.

Neben der gelungen konstruierten Story, die bis auf eine kleine Logiklücke, kaum zu bekritteln ist, glänzt R. Fiennes als diabolischer Starkoch, der es durchaus mit einem Hannibal Lecter aufnehmen könnte. Seine Darstellung des getriebenen Maitre setzt dem Film(genuss) seinen Stempel auf. In dieser Rolle finde ich ihn noch besser als in HARRY POTTER als Voldemort. Wenn er in die Hände klatscht, um den nächsten Gang anzukündigen, zucken nicht nur die Filmfiguren zusammen und hängen ihm an den Lippen bis er seine Sicht der Dinge verlautbart hat - ganz große Leistung.

Abseits der offensichtlichen Sozialkritik kann der Film auch auf der Metaebene in weitere Richtungen verstanden werden, etwa als Mikrokosmos eines totalitären Regimes oder auch als Kritik an Kunst an sich, dem permanenten Willen, Kunst noch extremer als bisher in Szene zu setzen, was ebenso für die Kunstform des Films gilt.

Für mich schon ein Filmhighlight des Jahres.
Gelungener und unbehaglicher Hochspannungsthriller mit sensationell spielender Hauptfigur, als Filmgericht anserviert: Guten Appetit!
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GLASS ONION: A KNIVES OUT MYSTERY

#614 

Beitrag von MovieMan »

Milliardär Miles Bron (E. Norton) lädt seine Freunde auf eine einsame griechische Insel ein, um mit ihnen ein Wochenende zu verbringen. Zur Unterhaltung hat er noch ein lustiges Mörderrätselspiel eingeplant und stellt sich selbst als Leiche zur Verfügung. Es läuft so weit alles mehr oder weniger harmonisch ab, bis es die erste echte Leiche gibt.
Grund genug für den Detektiv Benoit Blanc (D. Craig), die Ermittlungen aufzunehmen.

Nach dem Überraschungserfolg KNIVES OUT jetzt der zweite Teil mit leicht verändertem Setting, statt Familiensitz nun Insel und statt Familie nun Freunde und Geschäftspartner.
Die Story ist im Gegensatz zum ersten Teil gradliniger und wartet dennoch mit Twist und Finten auf, sodass die Spannung bis zum Schluss gehalten bleibt und selbst nach der Auflösung bis zum Ende nicht nachlässt. Das Konzept geht erzählerisch auf, auch wenn eine seichte Logiklücke an einer Stelle bestehen bleibt. Das Miträtseln bringt Spaß und mit viel Hinsehen, könnte man sogar recht früh auf die Lösung kommen. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. Kritik an den Reichen und Schönen und deren Gehabe wird klar geäußert. Ewige Spitzen und Frotzeleien zwischen den Protagonisten lockern die Handlung auf, tragen mit ihren Andeutungen zum Spannungsbogen bei und sind höchst unterhaltsam. Und wie man sich vor Corona schützen kann, wird gleich mitvermittelt.

Der wieder durch zahlreiche Promis unterstützte Cast bis in die Nebenrollen (u.a. D. Bautista, K. Hahn, J. Monáe, K. Hudson, E. Hawke…) zeigt sich spielfreudig und auch D. Craig hat seine Freude über die neue Rolle sichtbar nicht verloren. Vor allem aber E. Norton zeigt in seiner Role seine schauspielerische Klasse, hoffentlich macht er sich nicht wieder so rar in nächster Zeit.

Würdiger Nachfolger des Erstfilms, leider nur für eine Woche im Kino (deswegen jetzt schnell sein) bevor er bei Netflix zum Streamen bereitsteht.
Locker, spaßig-spannendes Popcornkino. Ich freue mich auf Teil 3.
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STRANGE WORLD

#615 

Beitrag von MovieMan »

In Avalonia, einem Reich umgeben von unüberwindbaren hohen Bergen, lebt Familie Clade. Searcher Clade ist der Sohn des vor 25 Jahren verschollenen legendären Entdeckers Jaeger Clade. Searcher hat eine energiespendende Pflanze entdeckt und damit Avalonia in ein teilweise futuristisches Reich „verwandelt“. Doch die Pflanzen verlieren ihre Kraft. Der Grund dafür muss in dem Geflecht unterhalb der Erde liegen. So macht sich Searcher mit Getreuen auf in das Innere der Heimatwelt, um den Schaden zu beheben. Die zusammengewürfelte Truppe stößt dabei auf eine sagenhafte Welt, die nur Erstaunen verursacht. Die Problemlösung ist nicht einfach und zwischenmenschliche Beziehungsstreitigkeiten erschweren das Vorhaben erheblich. Gelingt es der Gruppe, die Pflanzen zu retten?

Animationskracher aus dem Hause Disney. Die Geschichte wartet mit mehreren Ebenen auf und ist somit für die ganze Familie konzipiert. Für die etwas Jüngeren ergibt sich eine Abenteuergeschichte und für die etwas Älteren geht es über das Abenteuer noch etwas heraus in Richtung Vater-Sohn-Beziehungen und einem Loslösen vom Elternhaus bis hin zu aktuellen Umweltthematiken, wobei am Ende dann eine Botschaft an Jedermann/-frau steht.

Die Figuren sind eigen und teils fast schrullig, dennoch disneytypisch liebenswert bis chaotisch. Den Hund werden sicherlich viele lieben und einen „Platsch“ will nach dem Film auch jeder haben. Trotz ernster Hintergrundthematik wird das Geschehen mit kindgerechten und teils lustigen Handlungen immer wieder aufgelockert, was dem Film und der Geschichte eine gute Balance beschert.
Von der zunächst INDIANA JONES mäßigen Assoziation sollte man sich inhaltlich aber nicht täuschen lassen.

Die Kreativabteilung hat mit der Schaffung unterschiedlicher Wesen ganze Arbeit geleistet und detailreich diese in Szene gesetzt. Auch als Zuschauer freut man sich auf die nächsten Entdeckungen dieser sonderbaren Welt. Selbst vor der Darstellung der „Monster“ muss sich kein Kleinkind megamäßig fürchten, die optische Bedrohung hält sich in Grenzen.

Technisch ist der Film quietschbunt gehalten und die Animation ist gut gelungen. Hervorragend wird die Kleidung dargestellt. In Großaufnahme lässt sich die Struktur klar erkennen, was bei dem vielen Plüsch, welches dargestellt wird, schon ein enormer Programmieraufwand gewesen sein dürfte.
Der Sound kommt (Skywalker Sound) für einen Animationsfilm dynamisch daher und geht auch mal ordentlich situationsangemessen in den Bassbereich hinein.

Disneytypische Familienanimation mit Message – schon aufgrund der Optik unbedingt im Kino schauen.
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MAD HEIDI

#616 

Beitrag von MovieMan »

Das Schweizer Mädel Heidi ist zwischenzeitlich erwachsen und macht mit Geißenpeter rum. Dieser ist mit seiner illegalen Milchproduktproduktion dem schweizer Diktator und Käseproduzenten Meili (C. van Dien - ja, wirklich!) ein Dorn im Auge. Dieser führt die Schweiz wie einst die Nazis Deutschland. Im Zuge der Jagd auf Geißenpeter gerät auch Heidi ins Visier des Despoten und wird verhaftet. Während des Gefängnisaufenthaltes beschließt sie, hart und erbarmungslos zurück zu schlagen.

Mit Johanna Spyris romatischer Idylle hat dieser Film bis auf die Namensgleichheit der Figuren kaum etwas zu tun. Im besten Grindhousestil nach Tarantino Art wird hier brachial gegen jede Unordnung und Aufsässigkeit im Staat vorgegangen. Die Konstruktion dieser aberwitzigen und teils abstrusen Geschichte erinnert nicht rein zufällig an Filme wie IRON SYK und DEAD SNOW. Bei MAD HEIDI wurden die Produktionskosten aus einem Crowdfounding zusammengekratzt. Es fließt Blut, es fliegen Körperteile und von political Correctness fehlt jegliche Spur. Gut, dass sich der Film zu keiner Sekunde auch nur annähernd ernst nimmt. Als weiterer Vergleich kann PLANET TERROR von R. Rodriguez herangezogen werden und schon weiß man, wo der Hase hinhoppelt.
Der Trashfaktor ist auf Höchstlevel. Das mindert den Spaß in keinster Weise.
Alle Schauspieler, inclusive C. van Dien, haben sichtlich Spaß an ihren Rollen, die Dialoge sind schräg bis dämlich und die Figuren ebenfalls. Aus den Kinderbuchfiguren sind nur die Namen übriggeblieben, denn man hat jeder Figur ihren ganz eigenen neuen Charakter verpasst, der so gar nichts mehr mit der Buchfigur gemein hat.
Zeitweilig kann man dem Film vorwerfen, dass ihm die Gagdichte schon nach einer halben Stunde abnimmt, doch das furiose Finale lohnt dann wieder.
Die Qualität eines IRON SKY sowie PLANET TERROR wird nicht erreicht, doch man erreicht genug. Ganz offensichtlich zeigt sich, dass sich die Filmemacher mit viel Liebe zum Film und lustigen Einfällen dem Werk gewidmet haben, sodass hier der erste Swissploitation-Film entstanden ist.
Und mutig kündigt man am Ende noch einen weiteren Teil an. Mal sehen, ob dieser jemals das Licht der Leinwandwelt erblickt.
Technisch sind gute handgemachte Splattereffekte zu bestaunen, ebenso aber auch deutlich sichtbare Trickaufnahmen, vor allem in der Hintergrundgestaltung.

MAD HEIDI - der Film, der dich sehen will......im Kino!
(Leider nur tageweise als Event)
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ZEITEN DES UMBRUCHS

#617 

Beitrag von MovieMan »

Anfang der 80er Jahre am Beginn der Reagan Ära lebt der jüdische und aus gutem Mittelstand stammende Sechstklässler Paul in New York und kommt auf eine neue Schule, wo er sich mit dem unter ärmlichen Verhältnissen farbigen Jonathan anfreundet. In seiner Familie fühlt sich Paul missverstanden und vernachlässigt und leidet unter der strengen Führung seines Vaters. Seine einzige Stütze ist der Großvater, von dem er sich verstanden fühlt. Zu allem Überfluss muss Paul auch noch die Schule wechseln und findet sich in einem Umfeld wieder, welches seine Gefühlslage noch unerträglicher macht.

Oberflächlich wird ein Gesellschaftsdrama dargeboten, welches sacht beginnt und sich dann langsam dramatisch steigert. Auf den zweiten Blick beinhaltet dieses Drama viel mehrschichtige Thematiken wie Rassentrennung, Gesellschaftskritik, Kritik am Finanzsystem und dem Establishment, die Unzulänglichkeit des Schulsystems sowie dem sozialen Umgang untereinander.
Das wirft unweigerlich Fragen auf: Wie wollen wir miteinander umgehen? Soll das System modifiziert bzw. nachgebessert werden? Und und und…
Außerdem bietet der Film eine Bestandsaufnahme der frühen 80er Jahre zu diesen Fragen, was wiederum zu neuen Fragen führt: Welche Entwicklung hat die Gesellschaft eigentlich in den letzten 40 Jahren genommen und wo steht sie heute? Sind wir im positiven Sinne weitergekommen?
Dazu dürfte jeder seine eigenen Ansichten und Antworten haben. Ich denke, wer ehrlich ist, wird erkennen, dass die Gesellschaft nur einen kleinen Schritt vorwärts gekommen ist und gerade in einzelnen Regionen wieder einen Schritt zurück macht; etwas ernüchternd.
Auf jeden Fall kann der Film länger nachwirken, wenn man denn will und sich der o.g. Thematiken annimmt. Gerade zur Adventszeit kein inhaltlich leichter Stoff.

Obwohl der Film mit bekannten Hollywoodstars wie A. Hopkins (wunderbar als Großvater), A. Hathaway (als Mutter), J. Strong (als Vater) sowie J. Chastain (als Mitglied der Trumpfamilie) aufwartet, ist B. Repeta in der Rolle des Paul der eigentliche Star des Films. Und er macht seine Sache überaus gut. Grandios gelungen sind die Szenen, in denen er innere Kämpfe mit sich und den Erwartungen der anderen ausficht. Sein Schauspiel sowie die Art der Inszenierung in diesen Augenblicken sind grandios gelungen. Es bedarf gar nicht vieler Worte, das fast ängstliche Gesicht, welches gefühlte Stunden von der Kamera eingefangen wird – fast, bis es auch dem Zuschauenden unangenehm wird, erzählt bereits die Geschichte dieses inneren Kampfes und der drohenden Zerrissenheit. Besser und authentischer kann man das m. E. auch gar nicht darstellen, superbe Leistung.

Nahezu minimalistisch verfilmtes Gesellschaftsdrama, dass in seiner Nachwirkung nicht größer sein könnte.
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VIOLENT NIGHT

#618 

Beitrag von MovieMan »

Santa Claus (D. Harbour) ist aufgrund des Wandels in der Gesellschaft desillusioniert und hebt gern mal einen zu viel, um sein Schicksal erträglich zu gestalten. Es werden auch nur noch artige Kinder beschenkt. Am Heiligabend trifft sich unterdessen die reiche Familie Lightstone auf dem Anwesen der Familienpatriarchin, um um deren Gunst zu buhlen. Bevor sich die Familie so richtig in die Haare kriegen kann, wird der Landsitz vom selbsternannten Scrooge (J. Leguizamo) samt seinen Söldnern gestürmt, um die Familie um deren Geld zu bringen. Zu dieser Zeit befindet sich Santa im Haus und fängt an, unterstützt von der kleinen (artigen) Trudy, unter den Bösewichtern so richtig aufzuräumen.

DIE HARD meets KEVIN ALLEIN ZU HAUS als schwarzhumorige, ultrafiese und blutige Actionausgabe mit einem wunderbar grantelnden und hadernden D. Harbour als (Bad) Santa.
Wirkungsvoll und teils sehr kreativ wird das vom Regisseur Tommy Wirkola (u.a. DEAD SNOW) in Szene gesetzt. Die FSK16 werden komplett ausgereizt. So habe ich noch keinen Weihnachtsmann „agieren“ sehen, da kann selbst THOR noch was dazulernen. Dennoch hat das Drehbuch Hänger und es läuft auch nicht alles logisch ab. Eine Kürzung auf 90 Minuten Spielzeit hätte den zwischenzeitlichen Leerlauf vermeiden können. Doch wenn sich Santa zu rockiger Weihnachtsmusik durch die bösen Buben (und Mädchen) pflügt kann man als Zuschauer das Mitwippen im Musiktakt kaum vermeiden und das Lachen (trotz des Gewaltlevels) auch nicht. Super auch die Szenensequenz die als deutliche Referenz an KEVIN ALLEIN ZU HAUS gedreht wurde, nur eben nicht FSK12.
Der Film wartet dann auch ganz am Ende mit einem Weihnachtskreativkill auf, den man wirklich gesehen haben muss.

D. Harbour ist mit seinem mürrisch-komischen Spiel eine Offenbarung für den Film. In dieser Rolle gefällt er mir noch besser als in STRANGER THINGS oder BLACK WIDOW.

Storytechnisch werden Andeutungen über die Herkunft von Santa Claus sowie über seine Frau gemacht. Ob das der Grundstein zu einem zweiten Teil (Prequel/Sequel) sein soll, kann man nur erahnen. Wenn nicht, waren die Szenen m. E. schlicht überflüssig.

Furious derber Xmas-Actioner mit einem rauflustigen Santa und einer rockigen Musikuntermalung.
Mich hat der Film in super Stimmung versetzt.
Wie Santa im Film dann auch mehrmals betont: Ist wohl so ein Weihnachtswunder, erklären kann ich das jedenfalls nicht.
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CALL JANE

#619 

Beitrag von MovieMan »

Ich bin immer bestrebt, nicht zu viel über den Inhalt eines Films zu spoilern, um den Kinogängern unter euch die Freude am Film nicht zu vermiesen. Ich weiß leider nicht, ob ich mit dieser „Zusammenfassung“ dieses Ziel erreichen kann.

In den USA Ende der 60er Jahre wird die gut situierte Hausfrau Joy (E. Banks) zum zweiten Mal schwanger. Doch die Schwangerschaft erweist sich als schwierig und sie denkt über das Undenkbare nach, denn Schwangerschaftsabbrüche sind nicht nur ein riesiges Tabu, sie stehen rechtlich auch unter Strafe. Joy muss erfahren, welche Torturen eine Frau durchlaufen muss, um ggf. einen Abbruch durchführen zu lassen. Das Thema zieht sie mehr in eine Untergrundbewegung hinein als ihr selbst lieb ist.
So, hier höre ich mal auf.

Selbst heute können Abtreibungen nicht überall „unbefangen“ durchgeführt werden. Der Film thematisiert die verschiedensten Probleme, welche mit einer solchen Entscheidung bzw. Entscheidungsfindung behaftet sind. So steht auch nicht die schauspielerische Leistung von einer E. Banks oder S. Weaver im Vordergrund, sondern das Thema an sich. Auch in den Szenen, in denen leidenschaftlich und hoch emotional gehandelt und diskutiert wird, steht das Thema weiter deutlich im Vordergrund. Damit stellen sich die Schauspieler/innen komplett in den Dienst der Sache.
Das schafft für den Zuschauer den notwendigen Freiraum, den Film/das Thema ständig mitzudenken. Man kommt gar nicht umhin, nicht selbst über seine eigene Auffassung nachzudenken. In der Wirkung könnte man stellenweise meinen, einer Dokumentation zu folgen.
Die filmische Handlung endet im Frühjahr 1973. So ist es möglich, den Bezug zur derzeitigen Realität dieses schwierigen Themas herzustellen und einen Vergleich zwischen dem Früher und Heute anzustellen. Hat sich was geändert? Wenn ja, was? Ist es nun zum Besseren? Welche Schwierigkeiten bleiben?
Soll heißen: Auch dieser Film wirkt nach und bietet wieder Anreiz zur Diskussion.

Bildtechnisch wurde ein deutlich sichtbares Filmkorn verwendet. Im Abspann habe ich leider nicht auf die Kameratechnik geachtet. Entweder ist analog gedreht worden oder das Filmkorn wurde künstlich hinzugefügt. Außerdem wurde mit Colorgrading gearbeitet, sodass die Farben an leicht blass gewordene Uraltfotos aus dieser Zeit erinnern.
Dieser Look unterstreicht die Wirkung von Authentizität, sodass sich Look und historische Einordnung homogen anfühlen.

Zurückhaltende, aber trotzdem gut agierende Schauspieler/innen, die der Thematik nicht im Wege stehen und die Zuschauer mitdenken lassen. Eine gute Leistung bei einem so kontroversen Thema.
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DER RÄUBER HOTZENPLOTZ

#620 

Beitrag von MovieMan »

Der per Steckbrief zur Suche ausgeschriebene Räuber Hotzenplotz entwendet Omas Kaffeemühle. Kasper und Seppel machen sich auf, die verlorene Mühle wieder zu beschaffen. Dadurch geraten sie u.a. in die Fänge des dubiosen Zauberers Zwackelmann. Wachtmeister Dimpfelmoser und Hellseherin Schlotterbeck versuchen sich ebenfalls an der Aufklärung des Verbrechens. Und mit Oma haben die Gangster auch nicht gerechnet.

Mitte der 70er Jahre wurde das Kinderbuch schon einmal verfilmt, mit einer angesehenen Riege deutscher Schauspieler: u.a. G. Föbe, L. Carstens, J. Meinrad und R. Basedow. Der Film lief meist sonntags im Fernsehen oder an bzw. vor Feiertagen. Die Figuren waren höchst stilisiert und wurden fast klischeehaft dargestellt. Charismatisch war natürlich die Darstellung der Hauptperson durch G. Fröbe.
Diese neue Verfilmung wurde bereits optisch in die heutige Zeit geholt. Die Masken und Kostüme wirken wesentlich detaillierter. Eigentlich ein Kinderfilm könnte er in einigen Szenen den sehr jungen Kindern sogar etwas Unbehagen/Angst machen. Wenn Hotzenplotz die Stimme erhebt und seine nicht gerade geputzten Zähne entblößt oder wenn Zwackelmann in gruseligem Closeup gezeigt wird, wirken die Szenen unheimlich und gar bedrohlich. Da nützt es auch wenig, dass sich die Figuren zeitweise in ihrem Gehabe albern geben. Grundsätzlich ist die Geschichte aber schon kleinkindgerecht, wobei ich für die Kleinsten erwachsene Begleitung empfehlen würde.
Die Inszenierung ist seitens eines mit nur kleinen Schwankungen unterworfenen Spannungsbogens gut gelungen.

Ebenso gut sind Effekte wie z.B. das Fliegen auf dem Mantel des Zauberes oder Unsichtbarkeit von Personen gelungen. Gerade die Flugszenen auf dem Mantel haben mich komischerweise an die des Drachen Fuchur aus DIE UNENDLICHE GESCHICHTE erinnert, keine Ahnung warum.
Der Ton/die Sprache ist glasklar abgemischt und kommt dynamisch wie räumlich daher. Zudem gesellt sich ein schöner Orchesterscore zur guten Tonausgabe dazu. Da braucht man sich hinter größeren Produktionen überhaupt nicht zu verstecken.

Zeitgemäß verfilmtes Kinderbuch mit einer teils alberen wie aber auch unheimlich wirkenden Hauptfigur.
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TERRIFIER 2

#621 

Beitrag von MovieMan »

Zunächst muss ich gestehen, dass ich die Vorfilme über diesen Killerclown, der seine Ursprünge wohl in Kurzgeschichten und als Nebenfigur hatte, bevor er 2016 seinen ersten großen Auftritt hatte, alle nicht gesehen habe. Aufmerksam auf den aktuellen Film bin ich durch einen Bericht eines Schnittportals geworden, der dem Film einen ziemlichen Hype zugesprochen hat und durch die zusätzliche Ankündigung, dass die FSK dem Film für die Heimkinoauswertung die Freigabe in ungeschnittener Form verweigert hat. In Deutschland läuft der Film daher in ungeschnittener Form nur im Kino, weil die Prüfbehörde dort gnädiger ist.
So standen dann gleich zwei Aufpasser an der Kinotür, um zu verhindern, dass sich Personen unter 18 Jahren in den Raum schmuggeln, das Cinemaxx nimmt Jungendschutz ernst - gut so. Mal sehen, ob der Hype wie beispielsweise kürzlich bei THE SADNESS überhaupt gerechtfertigt ist.

Ein Jahr nach einem von ihm veranstalteten Massaker an Halloween kehrt Killerclown Art zurück und beginnt, erneut zu morden. Die jugendliche Sienna bastelt derweil an ihrem Halloweenkostüm, welches von ihrem verstorbenen Vater entworfen wurde, ihr jüngerer Bruder verhält sich immer merkwürdiger, da er den Tod des Vaters nicht verwinden kann und ihre Helikoptermutter dreht am Rad. Und dann nimmt Art diese Familie ins Visier....

Dem Film fehlt ein ganz entscheidender Bestandteil: eine Geschichte!
Man erfährt in diesem Teil nichts über die Ursprünge des Clowns, geschweige denn über seine Motivation. Es ist so, als würden zwei Geschichten nebenher laufen: Art auf seinem mörderischen Zug durch die Gemeinde und Sienna als gestresste Teenagerin mit ihrer komischen Familie. So ein richtiger Zusammenhang besteht da nicht wirklich. Es ist also kein zweiter HALLOWEEN, obwohl der krude gestrickte Ablauf zunächst daraufhin deuten könnte.
Auch macht die übermäßige, derbe und explizite Gewalt dramaturgisch überhaupt keinen Sinn. Art weidet sich an den Qualen seiner Opfer bzw. den Personen, die ihn bei seinem Treiben "beobachten" und am Ende landet immer ein Matschhaufen einer Leiche irgendwo in einer Ecke, völlig uninspiriert abgekoppelt von den sonstigen Geschehnissen im Film. Dabei ist der Gewaltlevel dermaßen hoch, dass hier die Prüfstelle alle Augen zugedrückt hat und es kein Wunder ist, dass die FSK für die Heimkinoauswertung die Freigabe verweigert hat. Hier steht die Gewalt der Gewalt willen im Vordergrund. Das ist z.B. bei THE SADNESS doch etwas anders gewesen. Dort gab es eine dünne aber spannende Story und durch die Zombiaction konnte auf der Metaebene noch ein Querverweis auf die zunehmende Gewalt in unserer Gesellschaft dramaturgisch erfolgen. Zum Überfluss nimmt sich hier dieser Film auch noch ernst. MAD HEIDI hat vorgemacht wie man gekonnt Gewaltszenen in ein jederzeit augenzwinkerndes Szenario packen kann. Bei TERRIFIER 2 werden nur ultra Gorehounds mit ihren Erwartungen bedient und das an einer Schwelle wo es durch die fehlende Handlung von ultrabrutal zu krank kippt.
Art hat durchaus Potential, wie er ohne Worte durch den Film kommt (man hört ihn noch nicht einmal atmen!) und seine Kills mit pantomimischen Freuden quittiert. Das hat durchaus etwas enorm Gruseliges, wenn nicht gar Verstörendes. Doch weder Drehbuchschreiber noch Regisseur wissen das, in eine intelligente, spannende Story zu packen. Wenn man dann noch dem Film zusätzlich einen Einschlag von Mysteryelementen verabreicht, ist die Katastrophe perfekt und das Ergebnis nur noch lächerlich. Mit einer Spielzeit von über 130 Minuten ist das Desaster auch viel zu lang geraten. Nach ca. 90-100 Minuten hätte man den Film noch einergermaßen intelligent zu Ende bringen können. Nach dem Motto: Ich hab da noch so eine Idee - wurde dann noch etwas rangefrickelt und noch etwas und noch etwas, bis sich der Streifen in gähnende Langeweile ergeht. Selbst wenn der erlösende Abspann beginnt, ist der Zuschauer nicht sdicher, denn die nächste überlange Midcredit-Szene wartet schon und das Ende wird nur noch bescheuerter und man verlässt verärgert das Kino.
Der wahre Horror: Man hat aufgrund der vielen Einfälle weitere Teile angekündigt. :wah:

Ob an diesem miesen Ergebnis dieses Machwerkes das geringe, per Crowdfunding zusammengekratzte Budget von 250.000 Dollar schuld ist, kann ich nicht beantworten.
Das geringe Budget hat gewiss wesentlich zum billigen, unscharfen 80er-Jahre Slasherlook beigetragen. Außerdem sind die Dialoge dämlich und manche Schaupieler in der Spielweise uninspiriert. Der Look unterscheidet sich nicht von einer billigen B-Movie-TV-Produktion.
Auch in den Königsdisziplinen der Slasher, Maske und Effekte, wird viel Murks geboten. Arts Maske ist gut gelungen, bis auf die sich deutlich und unnatürlich abgrenzenden Augen unter seiner Tracht. Die Bluteffekte sind ein Witz, sieht es manchmal nach dickflüssigem Ketchup aus oder die Halsöffnung einer geköpften Peron gleicht einer durchgeschnittenen Cannelloni. Einige Goreszenen sind gelungen, ein Großteil aber auch nicht. Wenn deutlich sichtbar auf einen Erste-Hilfe-Dummy raufgeknüppelt wird, ist das nur noch lächerlich.

Nein, das war gar nichts. Der Murks wird seinem Hype in keiner Beziehung gerecht.
Absolut uninspirierter, grottenschlechter und handwerklich schlecht gemachter Slashermurks ohne Story und nur auf explizite Gewalt ausgerichtet.
HALLOWEEN, FREITAG DER 13. und NIGHTMARE ON ELM STREET sind dagegen wahre cineastische Offenbarungen.
Ich wende mich ab und würde gern behaupten, dieses Dingens nicht gesehen zu haben. Tut euch selbst einen Gefallen und schaut lieber MAD HEIDI oder VIOLENT NIGHT.
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SHE SAID

#622 

Beitrag von MovieMan »

USA 2015/2016: Journalisten/innen der New York Times recherchieren gegen Politiker, etc. (u.a. auch gegen Trump) aufgrund deren Fehlverhalten gegen Frauen. Durch dieses Thema werden die Journalistinnen Megan und Jodi auf unmögliche Umstände bei der Filmfirma Miramax aufmerksam. Deren Chef, H. Weinstein, würde Frauen herablassend behandeln und sie sexuell ausbeuten. Mit Rückhalt der Redaktion darf weiter recherchiert werden, da H. Weinstein Angestellten der Times bereits als unangenehm bekannt ist und daher Ärger zu erwarten ist. Die Journalistinnen machen akribisch eine Reihe von geschädigten Frauen ausfindig. Doch die Story kann nicht veröffentlicht werden, wenn keine betroffene Frau den Mut hat, öffentlich auszusagen. Unnachgiebig versuchen die Beiden, zumindest ein Opfer zur Aussage gegen Weinstein zu bewegen, während dieser bereits seine Anwälte scharf stellt.

Filmische Aufarbeitung der tatsächlichen Geschehnisse, welche die #MeToo–Bewegung ins Rollen gebracht hat. Deutlich kann hier ein Vergleich zu DIE UNBESTECHLICHEN gezogen werden. Trotz der inhaltlichen Dramatik ist die Inszenierung eher nüchtern, fast dokumentarisch. Es wird auf eine explizite Darstellung der ungeheuerlichen Geschehnisse dankenswerterweise verzichtet. Dennoch entfaltet die bloße verbale Schilderung der Ereignisse durch die Opfer eine Wirkung auf den Zuschauer, der man sich auch (leider) nicht entziehen kann. In den Fokus wird das „Danach“ gestellt, es wird das in den Vordergrund gestellt, was die Übergriffe mit den Frauen seelisch/psychisch sowie beruflich angerichtet hat. Und aufgrund der eigentlich unaufgeregten Erzählweise läuft es dem Zuschauer dabei kalt den Rücken runter.
Man hat es geschafft, mit A. Judd eine sich selbst darstellende Schauspielerin zu gewinnen, die im Film ihr Martyrium nochmals schildert und als Zuschauer leidet mit, denn man weiß, dass diese Frau eben tatsächlich alles wirklich erlebt hat.

Andererseits wird auch die Wichtigkeit/Notwendigkeit einer freien Presse betont, die mit guten, akribischen Recherchen dafür sorgen kann, dass sich unzumutbare Verhältnisse ändern können bzw. diese Verhältnisse der breiten Masse überhaupt aufgezeigt werden.
Es war sogar noch Platz, um den beiden Hauptakteurinnen privaten Raum im Sinne der Darstellung ihres Familienlebens zu geben und den Charakteren dazu zu mehr Tiefe zu verhelfen.

Der Cast trägt in seiner Gesamtheit dazu bei, dass der Film gelingt und von den Personen her gut ausbalanciert ist. Die Arbeit wird als Arbeit und Ergebnis eines Teams darstellt, auch wenn zum Erfolg Einzelne dabei über sich hinauswachsen müssen.
Trotz der unaufgeregten Inszenierung ist der Film von Beginn bis Ende ungeheuer spannend. Diesen Erfolg darf die deutsche Regisseurin M. Schrader für sich verbuchen.
Ich denke, dass diese fast nüchterne Betrachtungsweise mehr Wirkung entfaltet als explizite Darstellungen der Ereignisse. Insofern wahrt sie mit dieser Inszenierung noch die Würde der Betroffenen.

Filme, in denen vorab das Logo Miramax oder der Weinstein Company aufploppt, wird man nun wohl im Wissen um die Geschehnisse hinter den Kulissen mit ganz anderen Gefühlen erleben/sehen.

Äußerst spannende Verfilmung der Hintergründe für die #MeToo-Bewegung mit kluger Inszenierung und einem vortrefflich zusammenwirkenden Cast; quasi Geschichtsunterricht in Filmform – unbedingte Empfehlung (bevor alle nur noch über AVATAR reden).
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AVATAR 2: THE WAY OF WATER

#623 

Beitrag von MovieMan »

Bevor ich mich der Gegenwart widme, schaue ich nochmals in die Vergangenheit.
Was hat im Jahr 2009 den finanzerfolgreichsten Film AVATAR – AUFBRUCH NACH PANDORA so erfolgreich gemacht? Der Film wartete mit einer interessanten Idee, einen Menschen in einen Avatar zu transferieren, auf. Der Rest der Story war eher banal, die Message zwar aktuell, aber nicht neu. Neu hingegen war die filmische Umsetzung, angefangen über einen grandiosen 3D-Effekt, der einen neuen Startschuss für 3D im Kino zur Folge hatte und heute noch Maßstäbe setzt, bis hin zur opulenten Optik einer neuen, unbekannten Welt, welche in dieser Art und Weise bisher noch keinem Zuschauer präsentiert wurde. Zugegebenermaßen hat dieser Film das Kino als solches vor allem technisch wieder einen Schritt voran gebracht. Es gibt eben Filme, für die neue Technik eigens entwickelt wurde, im visuellen Bereich, bei den Effekten, im Sound usw. – und der erste AVATAR war ein solcher Film. Nachfolgende Scifi-Actionfilme mussten sich fortan mit ihm messen. Insofern war es bei einem solchen Erfolg nur logisch, eine Fortsetzung nachzuschieben. Doch der Regisseur J. Cameron hat sich (im Gegensatz zu vielen Filmreihen heute) Zeit gelassen, viel Zeit. Dadurch hat er das Publikum quasi ausgehungert.

Und im Jahr 2022 wird eben diesem Publikum der nächste Teil präsentiert, er wirft uns Ausgehungerten nunmehr endlich den ersehnten Fleisch- äh Filmbrocken hin. Und gemäß den Kinokartenvorbestellungen geht das Vorgehen zumindest in den ersten Tagen auf. In den Multiplexen läuft der Film in mehreren Sälen und selbst Programmkinos, die sonst vom Mainstream nicht viel halten, bedienen sich gierig.
Also Grund genug für mich, mir den Cineastenschinken und wohl teuersten Film aller Zeiten ebenfalls reinzuziehen. Die Erwartungen sind immens und dürften eine realistische Erwartungshaltung wohl wie so oft in ähnlichen Situationen übersteigen.

Der Ex-Soldat J. Scully lebt als Na’vi mit seiner Familie auf Pandora und ist zum Helden aufgestiegen. Die damaligen Aggressoren haben den Planten verlassen. Der geschasste Colonel Quaritch kehrt nach einiger Zeit jedoch nach Pandora zurück und versucht, sich an J. Scully sowie seiner Familie zu rächen. Dadurch muss Scully samt Frau und Kindern das Waldvolk der Na’vi verlassen und sich eine neue Bleibe suchen, welche bei einem anderen Stamm der Na’vi auch gefunden wird. Doch die Ruhe, sich dort einzuleben, währt nur kurz, da ihm der Colonel unerbittlich auf den Fersen ist.

Ich nehme es mal vorweg: So sehr viel anders ist der Inhalt der Geschichte gegenüber dem ersten Teil nicht. Sie wird nur in ein neues, frisches Gewand gepackt und mit leichten Variationen versehen. Die Erwartungen an eine bahnbrechende Story mit massig Überraschungen muss man da schon mal aufgeben. Das heißt nicht, dass der Film nicht eine gewisse Spannung hat. Die hält sich aber nicht über eine Laufzeit von über 3 Stunden auf gleichmäßig hohem Level und hat des Öfteren so ihre Einbrüche. Der Clou dabei ist, dass man das als Zuschauer kaum merkt, denn Cameron hat dafür gesorgt, den dünnen Inhalt der Geschichte durch technische Finessen zu überspielen.
Das schafft er mit der grandiosesten visuellen Darstellung einer fremden Welt, die die Kinozuschauer jemals gesehen haben dürften. Die Welt von Pandora öffnet sich dem Zuseher etwas weiter, ein neuer Aspekt kommt hinzu. Alles ist detailreich, die Farben sind kräftig, in dunklen Szenen „glühen“ Details regelrecht. Dazu kommt eine Tierwelt, die man in dieser Diversität in einem solchen Film nicht erwartet. Man staunt sich von Szene zu Szene. Wenn die Geschichte mal nichts Spannendes bietet, erfreut man sich eben der Welt und Optik Pandoras.
Dieser Sinnesrausch wird u.a. durch eine Technik erreicht, die zwar nicht neu ist, aber sehr selten eingesetzt wird: HFR (High Frame Rate). Der Film wird statt mit 24 Bildern pro Sekunde mit 48 Bildern pro Sekunde gezeigt. Folge davon sind fließendere Bewegungen bei Schwenks und ein ruhiger wirkendes Bild. Allerdings erhält das Bild einen ganz besonderen Look, der von manchen als störend empfunden wird. Anstelle des typischen Kinolooks sieht die Szene sehr real aus, als würde man im Fernsehen eine hochwertige Doku sehen. Daran muss man sich erst gewöhnen. Doch das Sehgefühl wird dadurch ein anderes. Man wähnt sich aufgrund der sehr realistisch wirkenden Szenen dem Film näher, als würde man danebenstehen. In Zusammenhang mit einer hohen Schärfe wird die Illusion fast perfekt. Filme wie die HOBBIT-Trilogie oder auch GEMINI MAN haben diese Technik auch schon verwendet, doch nicht mit einem solch brachialen Schauwert. Dazu muss man sich aber in einen Kinosaal setzen, welcher dieses Verfahren auch unterstützt. Wie der Film ohne HFR wirkt, kann ich nicht beurteilen. Mir gefällt diese Technik, sie muss aber gut umgesetzt sein. Ob jetzt mehr Filme in die Kinos kommen, die in HFR gedreht sind, wird nicht zuletzt von den Reaktionen des Publikums abhängen. Ich bezweifle aber einen Schub in diese Richtung, da die Kinos dann wieder nachrüsten müssten.
Der 3D-Effekt ist genauso auf Höchstlevel wie im ersten Teil. Über mehrere Bildebenen hinweg besteht eine enorme Tiefe im Bild. Es zahlt sich aus, direkt in 3D zu drehen und die Filme nicht nachträglich nachzubearbeiten, wie es beispielsweise bei den MARVEL-Filmen der Fall ist. Der Unterschied ist deutlich sichtbar. Insofern setzt auch dieser neue Teil von AVATAR wieder Maßstäbe, jedoch ohne sich von dem ersten Teil deutlich abzuheben. Verzichtet wird auf lustige Pop-Out-Effekte, obwohl es hier und da schon Szenen gab, wo es sich angeboten hätte. Ich kann die 3D-Vorstellungen nur empfehlen, da es meines Erachtens ein echter Mehrwert ist.
Die Hintergrundgestaltung mittels Matte Painting ist indes in einigen Szenen nicht gelungen. Auf den Paintings befinden sich Gegenstände, die dreidimensional wirken müssten, aber deutlich sichtbar zweidimensional erscheinen. Durch den super 3D-Effekt im Vordergrund des Bildes bis zur mittleren Ebene fällt die Optik im Hintergrund dadurch dann spürbar ab. Da stimmt die Bildkomposition in diesen Szenen nicht. Ja, das ist Meckern auf hohem Niveau, aber irgendwas ist schließlich immer. Keine Angst, dem visuellen Spaß tut das keinen Abbruch.
Die detailreiche Darstellung der Lebewesen sowie der Umgebung ist eine technische Offenbarung. Jedes Einzelbild musste durch den Rechner in die Nachbearbeitung. Kein Wunder, dass die Postproduktion extrem lange gedauert hat. Belohnt wird das mit den realistischsten Bildern, die ich jemals in einem Film gesehen habe. Die fremde, fiktive Welt wirkt somit optisch real. Es ist genau diese Faszination, die die inhaltlichen Schwächen des Films kaschiert. Zudem ist das Zusammenspiel der Schauspieler mit der Umgebung ebenfalls absolut real wirkend. Da alles Tricktechnik ist, nimmt man den Trick als solches nicht mehr wahr und anstelle des Tricks rückt eine empfundene Realität. Da hat Cameron tatsächlich den Zauberstab herausgeholt. Das gilt selbst für Szenen, in denen die Menschen als Menschen und nicht als Avatare auftreten und mit den anderen Figuren gemischt im Bild auftreten. Kein AVENGER-Film hat je so realistisch ausgesehen. Die Zusammenarbeit der VFX-Schmieden Weta und ILM hat sich also gelohnt.
Ebenso wie das Bild ist der Sound gelungen. Er ist glasklar, die Bässe knackig und die Höhen fein differenziert. Dazu wurde dem Sound eine große Dynamik spendiert und in geeigneten Szenen (z.B. Schusswechsel) erhält man eine hohe Räumlichkeit mit guter Ortung. Die Stimmen gehen dabei nicht unter. Auch hier wurde auf Höchstlevel gearbeitet.

Insgesamt bekommt man einen optischen Overkill mit dazu adäquatem Sound geboten, bei dem die Schwächen in der Story durch die "WOW" und "AHH" und "TOLL" Momente überspielt werden. Das Sehen auf Kinoleinwand ist selbstredend ein Muss bzw. Must See im wahrsten Sinne des Wortes.
Ob damit die Erwartungen eines jeden Zuschauers erfüllt werden, kann wie immer nur jeder für sich selbst entscheiden.

Außerdem möchte ich noch einen kritischen Ausblick wagen :gk:
Cameron hat die Teile 2-5 in einem Rutsch abgedreht. Soll heißen: Dreharbeiten finden gar nicht mehr statt, sondern nur reine Postproduktion. Alle paar Jahre soll ein Teil nachgeschoben werden. Warum das so lange dauert, erklärt sich anhand meiner Erläuterungen zu den visuellen Effekten. Das heißt auch, dass wir mit technischen Neuerungen nicht zu rechnen haben. Die nachfolgenden Teile müssen daher mit ihrer Story überzeugen. Und da habe ich so meine Zweifel, ob Cameron das gelingt. Dieser Film funktioniert, weil alle auf einen nächsten Teil sehnsüchtigst gewartet haben. Dieser Vorteil wird den nachfolgenden Teilen nicht vergönnt sein. Ich bin gespannt.

Außerdem hat Cameron außer der bahnbrechenden Optik auch nicht viel in die Waagschale zu schmeißen, da mir bei AVATAR die Identifikation mit den Figuren fehlt. Man sieht sich den Film gern an, geht aus dem Kino, ist zutiefst beeindruckt und dann? Dann schaut man ihn vielleicht nochmals. Aber eine Fangemeinschaft wie in den Reihen von STAR WARS, STAR TREK, HERR DER RINGE, INDIANA JONES oder selbst TERMINATOR wird AVATAR meines Erachtens nicht entwickeln. Und das sehe ich als eigentliche Schwäche dieser Filme.

Trotzdem viel Spaß im Kino und liebe Grüße an die Kinogänger in Leonberg! Nutzt eure Möglichkeiten dort! Ich gönne es euch, wenn auch mit einem leicht tränenden Auge :bye:
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#624 

Beitrag von MovieMan »

Anfang der 80er Jahre wird die bisher in einem Gospelchor singende junge Whitney Houston (N. Ackie) vom Plattenproduzenten Clive Davis (S. Tucci) entdeckt und unter Vertrag genommen. Ihre neu gewonnene Freiheit wird durch ihre überfürsorgliche Mutter sowie ihren sehr geschäftstüchtigen Vater zum Teil wieder eingeschränkt. Die ersten Jahre singt sie sich von Erfolg zu Erfolg. Dann heiratet sie Bobby Brown. Die Ehe, aus der eine Tochter hervorgeht, ist geprägt von Gewalt und Drogenmissbrauch. Das hinterlässt auch Spuren in der Karriere der Sängerin, die den Spitznamen „The Voice“ nicht zu Unrecht trägt, und endet bekanntermaßen tragisch.

Biopic über eine DER Sangesikonen der 80er und 90er Jahre. Der Film gibt einen Abriss der verschiedenen Lebens- und Karrierephasen wieder. In den knapp 2,5 Stunden hetzt der Film geradezu durch die Tophits der stimmlichen Ausnahmekünstlerin. Kaum ein Lied wird ganz gespielt, es fühlt sich wie im Zeitraffer an. Unterbrochen wird diese Phase immer von der geschäftlichen und privaten Entwicklung Houstons bis dann urplötzlich wieder der nächste Hit kurz im Fokus stehen darf. Die Umsetzung ist auch optisch eher dokumentarisch und hebt sich deutlich von der strahlenden Inszenierung eines Films wie ELVIS ab, obwohl gerade Houston das Potential für Glamour und Bling Bling mitbringt. Hier verschenkt die Inszenierung gute Momente, wo der Zuschauer nochmals richtig mitgehen kann.
Die zweite Hälfte der Geschichte ist eher dem Privatleben der Künstlerin, insbesondere der toxischen Beziehung zu Bobby Brown, gewidmet, sodass die Gesangseinlagen spürbar weniger werden. In dieser zweiten Hälfte wirkt der Film mehr als Drama, denn als Biopic.
Die Kapriolen und Exzesse werden nicht verschwiegen, aber auch nicht ausgeschlachtet. Die Inszenierung lässt der Künstlerin auch posthum die notwendige Würde.

Schauspielerisch setzen sich zwei Personen deutlich vom Cast ab: N. Ackie sowie S. Tucci.
Zwar hat Ackie bei genauerer Betrachtung nur entfernte Ähnlichkeit mit der realen Houston, doch davon muss man sich freimachen, es handelt sich nicht um einen Lookalike Contest. Die Darbietung in den Gesangseinlagen ist authentisch, wenn man sich ältere Videos der echten Houston ansieht. Doch im Gegensatz zu anderen Biopics singt Ackie hier nicht selbst. Die Kinozuschauer hören die echte Whitney. Über Monate hat Ackie die Lieder einstudiert, damit die Lippensynchronität sowie Gestik/Mimik perfekt umgesetzt werden können. Eine sehr gute Leistung. Ich denke, dass niemand so singen kann, wie es Withney konnte und es richtig war, Ackie nicht singen zu lassen.
S. Tucci gibt einen ungewöhnlichen Plattenboss. Zu meiner Überraschung sehr auf das Wohl der Künstlerin bedacht und weniger auf den Erfolg ausgerichtet, der sich jedoch zugegebenermaßen bei Houston wie von ganz allein eingestellt hat. In einer Schlüsselszene schon fast gegen Ende des Films spielt er dermaßen gefühlvoll und emotional, dass diese Szene zu einer der besten im ganzen Film gehört.

Die Maskenbildner hatten alle Hände voll zu tun. Ackie und Tucci mussten im Aussehen über einen gespielten Zeitraum von gut 30 Jahren immer wieder „angepasst“ werden. Das ist recht glaubwürdig gelungen.

Auffallend ist noch das Filmplakat. Hier wurde gnadenlos und geradezu unverschämt bei der M. Jackson-Doku THIS IS IT abgekupfert. Etwas mehr Kreativität wäre da schon schön.

Tolles und sehenswertes, jedoch nach meinem Geschmack etwas zurückhaltendes Biopic einer Ausnahmekünstlerin, welches mehr Glanz verdient hätte mit einem akustischen Höhepunkt zum Finale. Und auch während des Abspanns kann man die schöne Musik ruhig noch weiter genießen, also sitzenbleiben.
Auf jeden Fall eine Stimme, die man gehört haben sollte, zu jener Zeit, die beste, die es gab.
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DER GESTIEFELTE KATER 2: DER LETZTE WUNSCH

#625 

Beitrag von MovieMan »

Der Kater hat zwischenzeitlich acht seiner neun Leben verloren. Sich dieses Umstandes bewusst, muss er auf der Suche nach einem Wunschartefakt, welches ihm seine verlorenen Leben zurückbringen soll, einige Abenteuer bestehen, bis er sich dem schwarzen Wald und dem Artefakt nähert. Seine Begleitung besteht aus Kitty Samtpfote sowie Perrito, dem Pinscher(?). Je mehr sich die Truppe dem Artefakt nähert, desto gefährlicher wird die Reise.
Einerseits möchte Goldlocke mit den fiesen Bären ebenfalls an diesen Schatz, andererseits ist da noch dieser Wolf mit den glühenden Augen, der mit dem Kater etwas ganz Besonderes vorhat.

Zweiter Teil der Shrek-Auskopplung mit dem vorwitzigen Kater. Kindgerecht, wenn auch zum Teil düster, werden hier wieder alle Register gezogen, inklusive eines Niedlichkeitscontestes. Die Mischung des Charakters zwischen Schurke und Abenteurer stimmt und erinnert fast an die Helden von Mantel- und Degenfilmen. Aufgrund der (für kindliche Verhältnisse) spannenden Story sowie regelmäßig eingestreuten Gags ist die Geschichte kurzweilig und die Laufzeit des Films auch nicht übertrieben lang.

Auffällig ist der optische Stil, der hier verfolgt wird. Sind der Kater, sowie die anderen Charaktere fast komplett durchanimiert, finden sich immer Szenen oder Hintergründe, die einem zweidimensionalen Comic entsprungen sein könnten. Dieser optische Bruch stört aber gar nicht. Tarantino hat Comic-Szenen in seinem Werk KILL BILL auch erfolgreich eingebaut. Eine solche Szene entfaltet ihre erzählerische Wirkung in besonderer Art und Weise und ist eine willkommene Abwechselung zu den durchgestylten Animationsfilmen von heute.

Kurzweilige und teils auch lustiger Zweitfilm über den Kater, wenn auch teils etwas düster (daher auch nicht FSK0 sondern FSK6), der für ein Familienkinobesuch in dieser Jahreszeit sehr passend ist.
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